Wenn man nicht weiß, was man sagen soll

Manchmal ist es schwer, die passenden Worte zu finden. Was sagt man, wenn man Eltern gegenübersteht, die ihr Kind verloren haben? Wie geht man auf den Freund zu, der Krebs im Endstadium hat? Was ist die richtige Reaktion, wenn die Nachbarin erzählt, dass sie die Scheidung einreichen wird, weil sie herausgefunden hat, dass ihr Mann schon seit Jahren fremdgeht? Egal was man sagt, fast alles klingt in solchen Augenblicken hohl. Man muss etwas sagen, aber was? Keiner möchte auf diese schrecklichen Verlegenheitssätze zurückgreifen, wie: „Das geht auch wieder vorbei.“ Ganz zu schweigen von dem christlichen Satz: „Es wird dir bestimmt zum Besten dienen“. Besonders schlimm wird es, wenn man diesen vermeintlichen Trost auch noch zu Nicht-Christen sagt, und dabei den ersten Halbsatz übersieht: „Denen, die Gott lieben … werden alle Dinge zum Besten dienen“ (Römer 8,28). Dieses Prinzip funktioniert nur bei denen, die Gott lieben. Doch selbst bei ihnen sollte man gut überlegen, wann der Satz angebracht ist und wann nicht.
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Grundlegendes über die Macht des gesprochenen Wortes

Das Wichtigste zuerst: Wir müssen etwas sagen. Das gilt besonders dann, wenn wir die Person gut kennen. Nur selten ist Schweigen angebracht, fast immer verletzen wir den anderen damit. Wenn uns gar nichts einfällt, dann fragt sich unser Gegenüber, ob wir überhaupt irgendetwas für ihn empfinden und ob wir überhaupt jemals Freunde waren. Wer dieses Schweigen schon erlebt hat, weiß, wie weh es tun kann. Es schmerzt, wenn vermeintliche Freunde nichts sagen, während man selbst eine schreckliche Not erlebt.
Manchmal schweigen Leute auch, weil sie denken, die Person leidet aufgrund ihrer falschen Entscheidungen. Andere schweigen, weil sie anderer Meinung sind als die Betroffenen. Das ist einerseits nachvollziehbar, aber wer nur mit Menschen freundlich umgehen kann, die seiner Meinung sind, hat auch ein Problem. Solche Beziehungen sind keine Freundschaften. Natürlich ist es wichtig, dass Freunde offen miteinander reden – aber nur, wenn es passt. Wenn jemand am Boden zerstört und sehr traurig ist, dann sollte man etwas Liebevolles und Tröstliches sagen, statt über seine abweichende Meinung zu reden. Das Thema muss dann warten.
Außerdem ist auch Folgendes wichtig: Wir brauchen uns keine tiefen und gehaltvollen Sätze zurechtzulegen. Niemand erwartet von uns, dass wir etwas sagen werden, was die ganze Situation grundlegend verändern wird. Viel zu oft denken wir, dass es unsere Aufgabe wäre, die Probleme zu lösen, unter denen unsere Freunde leiden. Wir haben den Wunsch, ihre Lage zu verändern, die Not zu lindern. Aber das können wir nur selten. Unsere Aufgabe ist es nicht, die Sachen in Ordnung zu bringen, es reicht, wenn wir einfach nur da sind. Unsere Worte sind gar nicht so wichtig, entscheidend ist, dass wir überhaupt zu dem leidenden Freund gekommen sind. Wenn wir selbst in Not sind, wissen wir hinterher oft nicht mehr, was die Leute zu uns gesagt haben, aber wir können uns genau erinnern, wer zu uns kam und uns seine Liebe und sein Mitgefühl gezeigt hat. Wie schön, wenn an einem dunklen Tag ein Freund auftaucht und uns einfach nur umarmt. Das kann so viel Trost und Kraft geben.
Noch ein Punkt zum Schluss: Die Versuchung ist groß, dass wir unsere eigenen Erfahrungen und Gefühle auf andere projizieren. Das machen die meisten von uns ganz automatisch. Oft gehen wir noch weiter und sagen dem anderen, was er unserer Meinung nach tun sollte – was wir an seiner Stelle tun würden. Wir geben Tipps, wie das Problem zu lösen ist – wie wir es angehen würden. Manchmal gehen wir sogar so weit, dem anderen zu sagen, was er fühlen soll. Weil wir in seiner Situation völlig verzweifelt wären, erwarten wir das auch von ihm. Manchmal kommen Leute zu uns und meinen, wir sollten unsere Wut zulassen – obwohl wir gar nicht wütend sind. Andere ermutigen uns, genug Zeit zum Trauern zu nehmen – aber wir sind gar nicht traurig über die Entwicklungen, die wir ihrer Ansicht nach betrauern sollten. Wir müssen uns bewusst machen: Wenn wir einem Freund in Not begegnen, dann geht es nicht um uns, es geht um den anderen. Auch wenn es uns selbst guttun würde, dem anderen gute Tipps zu geben – es geht nicht um uns.
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Zehn gute Sätze

Damit ist aber die Frage noch nicht beantwortet, was man denn nun eigentlich sagen kann und sagen sollte. Am besten, man denkt gar nicht so viel darüber nach. Keiner, der verzweifelt ist, erwartet irgendwelche tiefen Erkenntnisse von anderen. Die wenigsten, die zu Notleidenden etwas sagen, finden Worte, die dem Betroffenen im Gedächtnis hängen bleiben. Nur wenn man selbst genau die gleiche Situation schon erlebt hat, dann kann man vielleicht Gedanken zum Ausdruck bringen, die dem Leidenden wirklich weiterhelfen. Ansonsten geht es nur darum, dass es einem gelingt, Liebe und Hilfsbereitschaft zu zeigen. Das genügt. Hier nun zehn Sätze, die man sagen kann, wenn man nicht weiß, was man sagen soll. Sie passen auch dann, wenn man das Verhalten des anderen für falsch hält und überzeugt ist, dass er seine Not selbst verschuldet hat.
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  1. Gott liebt dich, daran wird sich nie etwas ändern.
  2. Ich habe dich lieb, egal was passiert und was du machst.
  3. Ich bin für dich da.
  4. Wie kann ich dir helfen?
  5. Ich bete für dich.
  6. Kann ich dich irgendwie entlasten?
  7. Wenn du darüber reden willst, ich höre dir gerne zu und ich werde dich auf keinen Fall verurteilen, das verspreche ich dir.
  8. Wie kann ich dir gerade jetzt zeigen, dass ich hinter dir stehe?
  9. Es tut mir sehr leid, dass du eine so schwere Zeit durchleben musst.
  10. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Aber es tut mir so leid, dich in dieser Not zu sehen.
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Jeder einzelne dieser Sätze reicht schon.
Und es kann auch weiterhelfen, wenn wir uns erinnern, welche Sätze uns selbst gutgetan haben, als wir in Not waren.
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Wie Jesus die Botschaft verkündigte

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